BGI 600

Regeln für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Auswahl und Betrieb ortsveränderlicher elektrischer Betriebsmittel nach Einsatzbereichen

BGI 600 (ZH 1/249)

Fassung 12/97


Inhaltsverzeichnis

Vorbemerkung

1 Anwendungsbereich
2 Begriffsbestimmungen
3 Allgemeine Anforderungen

4 Einsatzbereiche und Kategorien
4.1 Allgemeines
4.2 Kategorie K1
4.3 Kategorie K2

5 Kennzeichnung und Benutzerinformation
5.1 Kennzeichnung
5.2 Benutzerinformation

6 Betrieb
7 Prüfungen
8 Zeitpunkt der Anwendung

Anhang 1: Vorschriften und Regeln
Anhang 2: Kurzzeichen und Symbole auf elektrischen Betriebsmitteln
Anhang 3: Schutzarten nach DIN VDE 0470­1
Anhang 4: Kurzzeichen für Leitungen


Vorbemerkung

Ortsveränderliche elektrische Betriebsmittel werden von Personen mit den unterschiedlichsten Qualifikationsmerkmalen erworben und betrieben. Sie müssen so ausgewählt werden, daß sie den jeweiligen örtlichen und betrieblichen Anforderungen genügen.

Nach § 3 Arbeitsmittelbenutzungsverordnung (AMBV) hat der Unternehmer die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, damit nur Arbeitsmittel ausgewählt und den Beschäftigten bereitgestellt werden, die für die am Arbeitsplatz gegebenen Bedingungen geeignet sind und bei bestimmungsgemäßer Benutzung Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten gewährleisten.

Die nach einschlägigen Rechtsvorschriften hergestellten ortsveränderlichen Betriebsmittel sind nicht in jedem Fall für alle Einsatzbereiche verwendbar. Bei falscher Auswahl des Betriebsmittels ist mit einer erheblichen Gefährdung für Personen zu rechnen.

Welchem Einsatzbereich elektrische Betriebsmittel zuzuordnen sind, hat sich an den Nutzungsmerkmalen (siehe Tabelle Seite 4) zu orientieren. Dies gilt sowohl für die Nutzungsdauer als auch für den Leistungsbedarf.

Häufig sind Erwerber oder Benutzer von elektrischen Betriebsmitteln überfordert, wenn sie diese den entsprechenden Einsatzbereichen zuordnen sollen. In der Praxis wird der Erwerb meist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten erfolgen, nicht jedoch danach, in welchem Einsatzbereich das elektrische Betriebsmittel benutzt werden soll. Häufig werden Betriebsmittel erworben und in Bereichen benutzt, für die sie nicht geeignet sind.

Aus diesen Überlegungen ergibt sich die Notwendigkeit, elektrische Betriebsmittel so zu klassifizieren und zu kennzeichnen, daß die richtige Auswahl ohne besondere fachliche Qualifikation erfolgen kann.

Bei Anwendung dieser Regeln kann je nach Einsatzbereich das richtige Betriebsmittel erworben oder unter vorhandenen das richtige ausgewählt werden.

1 Anwendungsbereich

Diese Regeln finden Anwendung bei Auswahl und Betrieb von ortsveränderlichen elektrischen Betriebsmitteln; sie dienen dem Schutz von Personen bei Verwendung der Betriebsmittel in verschiedenen Einsatzbereichen.

2 Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Regeln sind

1. Ortsveränderliche elektrische Betriebsmittel solche, die während des Betriebes bewegt werden oder die leicht von einem Platz zum anderen gebracht werden können, während sie an den Versorgungsstromkreis angeschlossen sind.

Siehe DIN VDE 0100-200 Abschnitt 2.7.4

Dies sind z.B. handgeführte Elektrowerkzeuge, Schutzkleinspannungs­ und Trenntransformatoren, Handleuchten, Verlängerungsleitungen, Leitungsroller.

2. Anwendungskategorien Klassen zur Einteilung von elektrischen Betriebsmitteln nach Einsatzbereichen. Die Einteilung umfaßt die Kategorien K1 und K2.

Die nachfolgende Tabelle enthält eine Zusammenstellung von Kriterien zur Klassifizierung von Betriebsmitteln nach Einsatzbereichen bzw. Nutzungsmerkmalen. Sie enthält eine Einteilung nach steigenden Anforderungen in den einzelnen Einsatzbereichen.

Kennzeichnung für Anwendungs-
kategorie
Beispiele für Einsatzbereiche Nutzungsmerkmale Umgebungs­
bedingungen



K1

Industrie/
Gewerbe/
Landwirtschaft:

gewerbliche Hauswirtschaft,
Hotels, Küchen,
Wäschereien,
Montagebänder-Serienfertigung, Laboratorien,
Montage, Schlossereien,
Werkzeugbau,
Maschinenfabriken, Automobilbau, Innenausbau, Fahrzeuginstandhaltung, Fertigungsstätten, Kunststoffverarbeitung

Nutzung in Innenräumen, mit Einschränkungen im Freien mechanische
Beanspruchung:
normal

Feuchtigkeit:
trocken bis feucht

Staub:
normal

Öle, Säuren, Laugen:
gering



K2

Räume und Anlagen besonderer Art,
Landwirtschaft,
Stahlbau,
Baustellen,
Gießereien,
Großmontage,
Tagebau,
chemische Industrie,
Arbeiten unter erhöhter elektrischer Gefährdung
Nutzung in Innenräumen und im Freien mechanische
Beanspruchung:
hoch

Feuchtigkeit:
naß

Staub:
hoch, auch leitfähig

Öle, Säuren, Laugen:
mittel bis hoch

Tabelle: Kriterien zur Klassifizierung von ortsveränderlichen elektrischen Betriebsmitteln nach Einsatzbereichen

Anmerkung: Diese Tabelle basiert auf der "Einteilung des Normenausschuß "Maschinen" in Gerätetypen nach Konstruktionsprinzipien"

 

3 Allgemeine Anforderungen

3.1 Ortsveränderliche elektrische Betriebsmittel müssen nach den Festlegungen dieser Regeln und im übrigen den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechend ausgewählt und betrieben werden. Abweichungen von den allgemein anerkannten Regeln der Technik sind zulässig, wenn die gleiche Sicherheit auf andere Weise gewährleistet ist.

3.2 Die in diesen Regeln enthaltenen technischen Lösungen schließen andere, mindestens ebenso sichere Lösungen nicht aus, die auch in technischen Regeln anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ihren Niederschlag gefunden haben können.

 

4 Einsatzbereiche und Kategorien

4.1 Allgemeines

4.1.1 Für die Benutzung von Betriebsmitteln sind mindestens Geräte der Kategorie auszuwählen, die die Bedingungen für den jeweiligen Einsatzbereich erfüllen. Die notwendigen Informationen enthält die Benutzerinformation.

4.1.2 In Einsatzbereichen, in denen erhöhte Anforderungen entsprechend dieser Regeln wegen der Umgebungsbedingungen nicht bestehen, z.B. in Büro, Haushalt, kleineren Hotels, Etagenküchen und Hauswirtschaft ist der Einsatz von Geräten mit Kennzeichnung nach diesen Regeln nicht erforderlich.

4.1.3 In Ausnahmefällen, bedingt durch die zu verrichtende Arbeit oder aus technischen Gründen, dürfen Geräte einer niedrigeren Kategorie verwendet werden, wenn dies organisatorisch geregelt und eine Gefährdung für Personen nicht zu erwarten ist.

4.1.4 In Einsatzbereichen mit besonderen Gefährdungen, z.B. bei Vorliegen erhöhter elektrischer Gefährdung, auf Baustellen, in feuergefährdeten und in explosionsgefährdeten Bereichen, dürfen die erforderlichen Betriebsmittel nur unter Einhaltung der für diese Bereiche geltenden Bestimmungen verwendet werden.

Besondere Festlegungen sind z.B. enthalten in:

4.2 Kategorie K1

4.2.1 Elektrische Betriebsmittel der Kategorie K1 sind geeignet zur Benutzung in Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft, z.B. gewerbliche Hauswirtschaft, Hotels, Küchen, Wäschereien, an Montagebändern in der Serienfertigung für kleinere und mittlere Seriengeräte, Laboratorien, Montage, Schlossereien, Werkzeugbau, Maschinenfabriken, Automobilbau, Innenausbau, Fahrzeuginstandhaltung, Fertigungsstätten, Kunststoffverarbeitung, jeweils in Innenräumen, mit Einschränkungen auch im Freien.

Die Betriebsmittel werden unter normaler mechanischer Beanspruchung in trockener bis feuchter Umgebung eingesetzt, die Einwirkung von Staub ist normal, die von Ölen, Säuren und Laugen gering, Korrosionseinwirkungen liegen nicht vor.

4.2.2 Mindestanforderungen

Schutzart: IP 43, Ausnahmen: Handgeführte Elektrowerkzeuge nach EN 50 144­1
Schutzklasse: Vorzugsweise Klasse II
Mechanische Festigkeit: Schlagprüfung alle Teile 1 Nm und Fallprüfung
Leitungen: H05RN-F oder mindestens gleichwertig (siehe Anhang 4)
Steckvorrichtungen: Gummi oder Kunststoff

4.3 Kategorie K2

4.3.1 Elektrische Betriebsmittel der Kategorie K2 sind geeignet zur Benutzung in Räumen und Anlagen besonderer Art, z.B. Landwirtschaft, Tagebau, Stahlbau, Baustellen, Gießereien, Großmontage, chemische Industrie, bei Arbeiten unter erhöhter elektrischer Gefährdung, jeweils in Innenräumen oder im Freien. Die Einwirkungen dürfen sein: Hohe mechanische Beanspruchung, Verwendung in nasser Umgebung, Korrosion, Öle, Säuren und Laugen mittel bis hoch, hohe Staubeinwirkung, auch leitfähige Stäube.

4.3.2 Mindestanforderungen

Schutzart: IP 54, Ausnahmen: Handgeführte Elektrowerkzeuge nach Normenreihe EN 50 144. Sind spritzwassergeschützte oder wasserdichte Betriebsmittel erforderlich: Mindestens IPX4 bzw. IPX7
Leuchten IPX3
Handleuchten IPX5
Schutzklasse: Vorzugsweise Klasse II
Mechanische Festigkeit: Schlagprüfung alle Teile 1 Nm und Fallprüfung
Leitungen: H07RN-F oder mindestens gleichwertig (siehe Anhang 4).
Leitungsroller müssen für erschwerte Bedingungen geeignet und nach den Festlegungen für schutzisolierte Betriebsmittel gebaut sein.
Steckvorrichtungen: Geeignet für erschwerte Bedingungen (rauher Betrieb, siehe Anhang 2).

 

5 Kennzeichnung und Benutzerinformation

5.1 Kennzeichnung

5.1.1 Soweit nicht nur Betriebsmittel der höchsten benötigten Kategorie bereitgestellt werden, ist die Benutzung geeigneter Betriebsmittel durch Kennzeichnung sicherzustellen.

5.1.2 Elektrische Betriebsmittel sollten nach Abschnitt 4 mit der ihrer Kategorie entsprechenden Kennzeichnung deutlich erkennbar und dauerhaft versehen werden. Bei der Kennzeichnung von Betriebsmitteln ist die Kategorie auszuwählen, die bei den Mindestanforderungen alle Kriterien erfüllt.

Kategorie 1: K1

Kategorie 2: K2

5.1.3 Bei Verlängerungsleitungen und Geräteanschlußleitungen genügt die Identifikation der Leitung aufgrund des aufgeprägten Leitungstyps mit Steckvorrichtung für die entsprechende Kategorie.

5.2 Benutzerinformation

Die Benutzerinformation muß DIN V 8418 "Benutzerinformation; Hinweise für die Erstellung" entsprechen. Für handgeführte Elektrowerkzeuge gilt EN 50 144­1 (VDE 0740­1).

 

6 Betrieb

6.1 Ortsveränderliche elektrische Betriebsmittel dürfen nur bestimmungsgemäß verwendet werden. Sie müssen mindestens der dem Einsatzbereich zugeordneten Kategorie entsprechen.

6.2 Die Instandsetzung von ortsveränderlichen elektrischen Betriebsmitteln darf nur durch Elektrofachkräfte oder unter deren Leitung und Aufsicht vorgenommen werden.

 

7 Prüfungen

7.1 Für Prüfungen dieser Betriebsmittel gilt die Unfallverhütungsvorschrift (UVV) "Elektrische Anlagen und Betriebsmittel" (BGV A2).

Die Durchführungsanweisungen zur UVV "Elektrische Anlagen und Betriebsmittel" (VBG 4) enthalten für ortsveränderliche Betriebsmittel die folgende Regelung:

Ortsveränderliche elektrische Betriebsmittel

Tabelle 1B enthält Richtwerte für Prüffristen. Als Maß, ob die Prüffristen ausreichend bemessen werden, gilt die bei den Prüfungen in bestimmten Betriebsbereichen festgestellte Quote von Betriebsmitteln, die Abweichungen von den Grenzwerten aufweisen (Fehlerquote). Beträgt die Fehlerquote höchstens 2 %, kann die Prüffrist als ausreichend angesehen werden.

Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung der Prüfung ortsveränderlicher elektrischer Betriebsmittel darf auch eine elektrotechnisch unterwiesene Person übernehmen, wenn geeignete Meß­ und Prüfgeräte verwendet werden.

Tabelle 1B: Wiederholungsprüfungen ortsveränderlicher elektrischer Betriebsmittel

Anlage/Betriebsmittel Prüffrist
Richt­ und Maximal-Werte
Art der
Prüfung
Prüfer
Ortsveränderliche elektrische Betriebsmittel (soweit benutzt)

Verlängerungs­ und Geräteanschlußleitungen

Anschlußleitungen mit Stecker

bewegliche Leitungen mit Stecker und Festanschluß

Richtwert 6 Monate, auf Baustellen 3 Monate.*) Wird bei den Prüfungen eine Fehlerquote < 2 % erreicht, kann die Prüffrist entsprechend verlängert werden.

Maximalwerte:
Auf Baustellen, in Fertigungsstätten und Werkstätten oder unter ähnlichen Bedingungen ein Jahr, in Büros oder unter ähnlichen Bedingungen zwei Jahre.

Auf
ordnungs-
gemäßen
Zustand
Elektrofachkraft, bei Verwendung geeigneter Meß­ und Prüfgeräte auch elektrotechnisch unterwiesene Person

*) Konkretisierung siehe "Regeln für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Auswahl und Betrieb elektrischer Anlagen und Betriebsmitel auf Baustellen" (ZH 1/271)

7.2 Für Art und Umfang der Prüfungen gelten folgende Regeln und Normen:

 

8 Zeitpunkt der Anwendung

Diese Regeln sind anzuwenden ab 1.1.1998, sofern nicht Bestimmungen dieser Regeln nach geltenden Rechtsnormen oder allgemein anerkannten Regeln der Technik bereits zu beachten sind. Sie ersetzen die "Richtlinien für die Auswahl und das Betreiben von ortsveränderlichen Betriebsmitteln nach Einsatzbereichen" (BGI 600 bisher ZH 1/249) von Juli 1992.


Anhang 1

Vorschriften und Regeln

Nachstehend sind die insbesondere zu beachtenden einschlägigen Vorschriften und Regeln zusammengestellt; siehe auch Abschnitt 3:

1. Unfallverhütungsvorschriften

(Bezugsquelle: Berufsgenossenschaft
oder
Carl Heymanns Verlag KG,
Luxemburger Straße 449, 50939 Köln)

VBG 4 Elektrische Anlagen und Betriebsmittel

2. Berufsgenossenschaftliche Regeln, Grundsätze und Merkblätter

(Bezugsquelle: Berufsgenossenschaft
oder
Carl Heymanns Verlag KG,
Luxemburger Straße 449, 50939 Köln)
BGI 594
(ZH 1/228)
Regeln für Sicherheit und Gesundheitsschutz für den Einsatz von elektrischen Betriebsmitteln bei erhöhter elektrischer Gefährdung
ZH 1/257 Sicherheitsregeln für die Wiederholungsprüfung elektrischer Betriebsmittel
BGI 608
(ZH 1/271)
Regeln für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Auswahl und Betrieb elektrischer Anlagen und Betriebsmittel auf Baustellen

3. DIN-Normen / VDE-Bestimmungen

(Bezugsquelle: Beuth Verlag GmbH,
Burggrafenstraße 6, 10787 Berlin

bzw.
VDE-Verlag,
Bismarckstraße 30, 10625 Berlin)
DIN VDE 0100-200 Errichten von Starkstromanlagen mit Nennspannungen bis 1 000 V; Begriffe
DIN VDE 0701­1 Instandsetzung, Änderung und Prüfung elektrischer Geräte; Allgemeine Anforderungen
DIN VDE 0702­1 Wiederholungsprüfungen an elektrischen Geräten
EN 50 144­1/VDE 0740­1 Sicherheit handgeführter Elektrowerkzeuge; Teil 1: Allgemeine Anforderungen

Anhang 2

Anhang 3

Anhang 4 

Gegenüber der vorhergehenden Ausgabe von Juli 1992 wurden die "Richtlinien für die Auswahl und das Betreiben von ortsveränderlichen Betriebsmitteln nach Einsatzbereichen" (ZH 1/249) vollständig überarbeitet und in "Regeln für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Auswahl und Betrieb ortsveränderlicher elektrischer Betriebsmittel nach Einsatzbereichen" (BGI 600 bisher ZH 1/249) überstellt.

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