BArbBl. 3/98 S.71

Arbeitssicherheitsgesetz

Fachaufsichtsschreiben zur Ausbildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit

BMA
(BArbBl. 3/98 S. 71)


In meinem Fachaufsichtsschreiben vom 2. Juli 1979 hatte ich Grundsätze für die Ausbildung von Fachkräften für Arbeitssicherheit festgelegt. Die theoretische Ausbildung der Fachkräfte für Arbeitssicherheit umfaßte darin mindestens 5 Wochen. Sie setzte sich zusammen aus den Grundlehrgängen A und B von je 2 Wochen Dauer, deren Inhalte nach den von der damaligen Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Unfallverhütung (BAU) herausgegeben Unterlagen "Grundlehrgänge A und B" zu gestalten waren und einem darauf aufbauenden branchen-orientierten Aufbauseminar von mindestens einwöchiger Dauer.

Das bisher gültige Ausbildungskonzept der Fachkräfte für Arbeitssicherheit kann aufgrund der vielfältigen Entwicklungen in der Arbeitswelt, der Zunahme wissenschaftlicher Erkenntnisse und der inzwischen erfolgten rechtlichen Änderungen den aktuellen und zukünftigen Anforderungen an den betrieblichen Arbeitsschutz nicht mehr gerecht werden, so daß nach einhelliger Auffassung der Fachkreise eine Weiterentwicklung der bisherigen Ausbildungskonzeption notwendig ist.

Leitlinie der neuen Ausbildungskonzeption ist ein zeitgemäßes, ganzheitliches Arbeitsschutzverständnis, welches konsequent auf Prävention setzt. Charakteristisch für die neue Ausbildungskonzeption ist ein aufgaben- und handlungsbezogenes Lernen, welches den Erwerb fachlich-inhaltlicher, methodischer und betriebspraktischer Kompetenz in geeigneter Weise miteinander verknüpft.

Aufgrund der bisherigen Erfahrungen und der in drei umfangreichen Forschungsprojekten gewonnenen Erkenntnisse über die Ausbildung der Fachkräfte für Arbeitssicherheit wird das Fachaufsichtsschreiben vom 2. Juli 1979 durch mein heutiges Schreiben ersetzt. Auf die dazu geführten Abstimmungen, insbesondere das Gespräch am 30. Oktober 1997, nehme ich Bezug.

Als Grundsätze für die Ausbildung nach dem Arbeitssicherheitsgesetz sind in Zukunft anzuwenden:

  1. Die theoretische Ausbildung der Fachkräfte für Arbeitssicherheit umfaßt drei aufeinander aufbauende Ausbildungsstufen, nach deren erfolgreicher Absolvierung die erforderliche Fachkunde als nachgewiesen angesehen werden kann.
  2. Um das unterschiedliche Anforderungsprofil sowie unterschiedliche Lernvoraussetzungen berücksichtigen zu können, werden für Sicherheitsingenieure einerseits und Sicherheitstechniker bzw. Sicherheitsmeister andererseits spezifische Ausbildungslehrgänge durchgeführt.
  3. Die Ausbildungsstufen 1 bis m sind in einem zeitlichen Rahmen durchzuführen, der die betriebliche Abwesenheitszeit der bisherigen Ausbildung (i.d.R. 6 Wochen in Seminarform) nicht übersteigt. Um die vorgesehenen Ausbildungsinhalte vollständig vermitteln zu können, sollen insbesondere moderne Techniken der Wissensvermittlung (z.B. mediengestützte Lernmethoden, Lernen im Betrieb) verstärkt eingesetzt werden.
  4. In der Ausbildungsstufe I (Grundausbildung) wird insbesondere Grundlagenwissen über arbeitsbedingte Belastungen und Gefährdungen sowie zur Gestaltung sicherer und gesundheitsgerechter Arbeitssysteme vermittelt. Die Teilnehmer erwerben Verständnis für die Rolle und das Aufgabenspektrum der Fachkraft für Arbeitssicherheit sowie Kenntnisse über das überbetriebliche Arbeitsschutzsystem und das Vorschriften- und Regelwerk des Arbeitsschutzes.
  5. In der Ausbildungsstufe II (vertiefende Ausbildung) wird das in der Grundausbildung erworbene Wissen zur Planung, Umsetzung und Lösung komplexerer Aufgaben insbesondere anhand von Fallbeispielen angewendet.
  6. Die konkreten Inhalte der Ausbildungsstufen I und II sind entsprechend der von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin und dem Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften erarbeiteten Ausbildungskonzeption und den darauf aufbauenden Ausbildungsmaterialien zu gestalten.
  7. In der Ausbildungsstufe m (bereichsbezogene Ausbildung) werden die erforderlichen bereichsbezogenen Kenntnisse vermittelt, wobei i.d.R. auf das in den Ausbildungsstufen I und II erworbene Wissen aufgebaut wird. Die konkrete Ausgestaltung der Ausbildungsstufe III wird durch die zuständigen Unfallversicherungsträger entsprechend dem Bedarf an bereichsbezogener Vervollständigung der Fachkunde in ihren Unfallverhütungsvorschriften "Fachkräfte für Arbeitssicherheit" festgelegt. Dabei sind die in der Anlage aufgeführten Rahmenanforderungen gemäß der Ausbildungskonzeption zu berücksichtigen. Die zeitliche Abfolge einzelner Ausbildungseinheiten kann bereichsbezogen variieren, soweit die erforderlichen fachlichen Voraussetzungen vorhanden sind.
  8. Soweit Kenntnisse im Arbeits- und Gesundheitsschutz nachgewiesen werden können, entscheidet die zuständige Berufsgenossenschaft über eine mögliche Anrechnung. Die obersten Arbeitsschutzbehörden der Länder und die Unfallversicherungsträger vereinbaren hierzu ein geeignetes Verfahren, um den Belangen der nach § 12 Arbeitssicherheitsgesetz zuständigen Behörde Rechnung zu tragen.
  9. Begleitend zu der theoretischen Ausbildung ist ein Praktikum durchzuführen, in dem das erworbene Wissen in der Praxis selbständig, aufgabenorientiert und betriebsbezogen angewendet wird; dies kann insbesondere in Form von Arbeitsaufgaben zur Lösung konkreter betrieblicher Arbeitsschutzprobleme geschehen. Die Praktikumsaufgaben sollen i.d.R. innerhalb von 8 Wochen abgeschlossen werden.
  10. Die theoretische Ausbildung und das Praktikum sollen innerhalb eines angemessenen Zeitraums von höchstens 3 Jahren absolviert werden.
  11. Als Qualifikationsnachweis für den Erwerb der sicherheitstechnischen Fachkunde gemäß § 7 Arbeitssicherheitsgesetz sind den Vorgaben der Gesamtkonzeption folgende und nach bundeseinheitlichen Kriterien erarbeitete Lernerfolgskontrollen durchzuführen.
  12. Bereits bestellte Fachkräfte für Arbeitssicherheit können auch weiterhin als solche tätig sein. Eine nach dem alten Konzept begonnene Ausbildung kann innerhalb von 2 Jahren nach dem alten Konzept abgeschlossen werden.
  13. Bei einem Branchenwechsel der Fachkraft für Arbeitssicherheit entscheidet die Berufsgenossenschaft über den erforderlichen Umfang an bereichsbezogener Fortbildung. Die obersten Arbeitsschutzbehörden der Länder und die Unfallversicherungsträger vereinbaren hierzu ein geeignetes Verfahren, um den Belangen der nach § 12 Arbeitssicherheitsgesetz zuständigen Behörde Rechnung zu tragen.
  14. Auch externe Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Fachkräfte für Arbeitssicherheit in überbetrieblichen Diensten müssen über die erforderlichen Branchenkenntnisse verfügen.

Ich bitte ab 1. Januar 2001 nach diesen Grundsätzen zu verfahren.

 

 

 Rahmenanforderungen an die wirtschaftbereichsbezogene Erweiterung und Vertiefung der Fachkunde in Ausbildungsstufe III

Anlage

Die Ausbildungsstufe III sollte die nachgenannten 5 Themenfelder umfassen, die entsprechend der Branchenspezifik zu untersetzen sind:

  1. Spezifische Gefährdungsfaktoren
  2. Spezifische Maschinen/Geräte/Anlagen
  3. Spezifische Arbeitsverfahren
  4. Spezifische Arbeitsstätten
  5. Spezifische personalbezogene Themen

 

 

BArbBl. 3/98 S.71